Warum mir in letzter Zeit immer mehr Menschen mit Burnout und Depressionen begegnen
- Lisa Tobschall

- vor 4 Tagen
- 4 Min. Lesezeit

In den letzten Monaten habe ich eine Entwicklung beobachtet, die mich tief bewegt – und ehrlich gesagt auch nachdenklich macht. In meinen Coachings, Workshops und Resilienztrainings treffe ich immer mehr Menschen mit Burnout und Depressionen, besonders aus der Kreativ- und Medienbranche. Menschen, die eigentlich genau dort arbeiten, wo Leidenschaft, Freiheit, Inspiration und Erfüllung zu Hause sein sollten.
Doch etwas hat sich verändert. Das Tempo. Der Druck. Und die Art, wie Menschen mit sich selbst umgehen.
Warum passiert das gerade jetzt? Und warum betrifft es ausgerechnet die, die mit Herzblut arbeiten?
Wenn Leidenschaft zur Überforderung wird
Kreative Berufe ziehen Menschen an, die brennen.Für Ideen.Für Gestaltung.Für das, was möglich ist.
Dieser Funke ist wunderschön – aber er kann auch gefährlich werden.
Viele merken gar nicht, wann aus echter Begeisterung ganz langsam Selbstüberforderung entsteht.Wann aus Motivation ein inneres „Ich muss noch mehr tun“ wird.Wann aus Hingabe Selbstvernachlässigung wird.
Diese Grenze wird meistens nicht laut überschritten.Sie wird leise übergangen.
„Nur dieses Projekt noch …“
„Nur heute noch länger …“
„Nur einmal die Nacht durch …“
„Nur noch schnell diese Mail …“
Und irgendwann verschwimmt die Linie zwischen Leidenschaft und Selbstverlust.
Genau dieser schleichende Prozess ist einer der wichtigsten Gründe, warum mir immer mehr Menschen mit Burnout und Depressionen begegnen.
Die neue Angst: „KI löst kreative Jobs ab“
Was ich in den letzten zwei Jahren verstärkt höre, ist ein Satz, der tief sitzt:
„Was, wenn KI bald kreative Jobs ersetzt?“
Diese Unsicherheit hat sich in die Branche gefressen.Sie erzeugt Stress auf mehreren Ebenen:
Die Angst, nicht mehr mitzuhalten
Der Druck, ständig „up to date“ zu sein
Der Vergleich zwischen menschlicher Kreativität und KI-Output
Das Gefühl, austauschbar zu werden
Der Zwang, schneller, besser, effizienter zu liefern
Für viele ist KI kein Werkzeug mehr – sondern eine potenzielle Bedrohung.
Und diese Angst wirkt stark auf das Nervensystem. Sie erzeugt chronische Anspannung, innere Unruhe und Selbstzweifel. Sie greift genau dort an, wo Kreative eigentlich am stärksten sind:an ihrer Identität.
Und: Sie ist einer der entscheidenden Gründe, warum immer mehr Menschen mit Burnout und Depressionen im kreativen Umfeld Unterstützung suchen.
Der stille Druck der ständigen Erreichbarkeit führt zu
Burnout entsteht selten durch ein einzelnes Ereignis.Er entsteht durch tausend kleine Überforderungen jeden Tag.
Einer der größten Stressfaktoren heute ist die permanente Erreichbarkeit:
Nachrichten auf allen Kanälen
Kunden, die jederzeit etwas brauchen
Teams, die sofort reagieren wollen
Social-Media-Kommentare, die man „kurz beantworten“ möchte
Projekte, die parallel laufen
Das Nervensystem bekommt kaum noch Raum, um sich zu regulieren.Wirkliche Pausen existieren kaum.
Wir sind psychologisch in einem Standby-Modus, der nie ausgeht.Und genau dieser Zustand befeuert Burnout massiv.
Social Media und der Vergleich, der uns krank macht
Social Media ist für Kreative Segen und Fluch zugleich.
Einerseits ein Raum voller Inspiration, Sichtbarkeit und Möglichkeiten.Andererseits ein Ort, der:
Vergleiche verstärkt
unrealistische Standards setzt
Druck erzeugt, ständig präsent zu sein
uns in den Kopf statt in den Körper bringt
Viele wissen nicht mehr, wo ihre eigene Stimme endet und wo der Einfluss von Social Media beginnt.
Auch das führt dazu, dass immer mehr Menschen mit Burnout und Depressionen zu mir kommen und sagen:
„Ich weiß nicht mehr, ob das, was ich mache, gut genug ist.“
Der Verlust der Verbindung: zu sich selbst, zum Körper, zu anderen
Für mich ist das der eigentliche Kern der aktuellen Burnout-Welle:
Wir verlieren die Verbindung.
Verbindung zu uns
Verbindung zu unserem Körper
Verbindung zu unseren Grenzen
Verbindung zu echten zwischenmenschlichen Begegnungen
Verbindung zu dem, was uns nährt
Wir leben von außen nach innen, statt von innen nach außen.
Das Nervensystem ist überlastet.nDer Körper ruft – aber wir überhören ihn.Das Herz wird schwer – aber wir kompensieren es durch Aktivität.Die Kreativität versiegt – aber wir zwingen uns weiter.
Ich sehe in meinen Coachings und Trainings immer wieder: Burnout beginnt im Körper lange bevor der Kopf merkt, dass etwas nicht stimmt.
Warum gerade Kreative so betroffen sind
Kreativität braucht bestimmte Bedingungen:
Ruhe
Tiefe
Flow
Achtsamkeit
Präsenz
Körperbewusstsein
emotionale Resonanz
Doch unsere Arbeitswelt ist:
schnell
laut
digital
fragmentiert
überfordernd
entkörperlicht
Das passt nicht zusammen.
Kreative sind feinfühlige Menschen. Sie nehmen mehr wahr, fühlen tiefer, schwingen intensiver. Dadurch sind sie besonders verletzlich gegenüber Dauerstress, Überreizung und Druck.
Was jetzt wichtig ist: zurück in den Körper, zurück zu sich
Resilienz bedeutet nicht, mehr auszuhalten.Resilienz bedeutet, wieder in Verbindung zu kommen.
Mit dem eigenen Körper. Mit der eigenen Wahrheit. Mit der eigenen Energie.
In meinen Trainings arbeite ich deshalb körperorientiert:
Atemtechniken
Embodiment
Micro-Resets
Nervensystemregulation
Grenzen setzen (digital & emotional)
Rituale für Anfang und Ende des Arbeitstages
bewusste Social-Media-Pausen
Struktur für Kreativität
Es braucht keine großen Umbrüche .Es braucht kleine, tägliche Wege zurück.
Fazit: Immer mehr Menschen mit Burnout und Depressionen – und wir müssen darüber sprechen
Wir stehen an einem Punkt, an dem immer mehr Kreative innerlich ausbrennen. Nicht, weil sie schwach sind. Nicht, weil die Arbeit „zu viel“ ist. Sondern weil sie voller Herz arbeiten – und vergessen, dieses Herz zu schützen.
KI, ständige Erreichbarkeit, Social Media und fehlende Grenzen sind starke Stressfaktoren. Doch wir können lernen, damit gesund umzugehen.
Denn Kreativität entsteht nicht aus Geschwindigkeit. Sie entsteht aus Verbindung.


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